Was sind Behandlungsfehler?
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn ein Arzt oder anderes medizinisches Fachpersonal gegen die ärztliche Sorgfaltspflicht verstößt und dadurch dem Patienten einen Schaden zufügt. Dies kann durch einen Verstoß gegen anerkannte medizinische Standards, unzureichende Aufklärung oder mangelhafte Dokumentation geschehen. Behandlungsfehler können verschiedene Formen annehmen, darunter falsche Diagnosen, Fehler bei der Verschreibung oder Verabreichung von Medikamenten, chirurgische Fehler, mangelnde Überwachung während der Behandlung oder unzureichende Aufklärung des Patienten über Risiken und Alternativen. Laut Bundesärztekammer werden jährlich ca. 10.000 Behandlungen bewertet, bei denen Behandlungsfehler vermutet werden. Zu den häufigsten Fehlbehandlungen gehören operative Eingriffe.
Folgen eines Behandlungsfehlers
Ein Behandlungsfehler kann für Patienten schwerwiegende Folgen haben, sowohl gesundheitlich als auch finanziell. Dazu zählen:
- Zusätzliche Gesundheitsprobleme: Wenn Fehler unterlaufen, kann sich der Gesundheitszustand des Patienten verschlechtern. Neue Gesundheitsprobleme, die vorher noch nicht auftraten, können dazukommen.
- Verschlimmerung der bestehenden Erkrankung: Das Gegenteil von dem, was man erreichen möchte: die Krankheit oder Verletzung verschlimmert sich.
- Behinderung: In einigen Fällen kann die fehlerhafte Behandlung zu einer dauerhaften körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung führen.
- Verzögerung der Heilung: Wenn weitere Behandlungen oder Eingriffe notwendig werden, verlängert sich auch die Zeit der Genesung – die Schäden müssen korrigiert werden.
- Psychologische Auswirkungen: Ob posttraumatischer Stress, Angstzustände oder Depressionen – jede Fehlbehandlung kann sich nachteilig auf die mentale Gesundheit auswirken.
Rechtliche Ansprüche bei einem Behandlungsfehler
Patienten, die Opfer eines Behandlungsfehlers wurden, haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, sich gegen den Arzt oder das Krankenhaus zur Wehr zu setzen. Sie können unter anderem:
- Schmerzensgeld für die erlittenen Schmerzen und Beeinträchtigungen verlangen,
- Schadensersatz für alle Kosten, die durch den Behandlungsfehler entstanden sind, z.B. zusätzliche Behandlungskosten, Verdienstausfall oder Fahrtkosten, geltend machen,
- eine Entschädigung für immaterielle Schäden wie die Beeinträchtigung der Lebensqualität oder die Entstellung des Körpers fordern.
Behandlungsfehler: Wer haftet für Schäden?
Ist das sprichwörtliche Kind erst einmal in den Brunnen gefallen, stellt sich die Frage nach der Haftung für etwaige Schäden.
Grundsätzliche Haftung
Im Falle eines Behandlungsfehlers haftet grundsätzlich der behandelnde Arzt. Dies gilt sowohl für Ärzte in eigener Praxis als auch für angestellte Ärzte im Krankenhaus. Der Arzt muss für sein eigenes Handeln sowie für das Handeln seiner Erfüllungsgehilfen einstehen, z.B. für Pflegepersonal oder Assistenzärzte.
Haftung des Krankenhauses
Das Krankenhaus selbst haftet für Behandlungsfehler seiner angestellten Ärzte, wenn diese im Rahmen eines Krankenhausaufnahmevertrages tätig wurden. Bei einem Belegarztvertrag hingegen haftet grundsätzlich nur der Belegarzt selbst für seine Fehler. Das Krankenhaus haftet in diesem Fall nur für eigene Pflichtverletzungen, z.B. bei der Auswahl des Belegarztes oder der Ausstattung des Operationssaales.
Haftung bei mehreren Behandelnden
Wenn an der Behandlung mehrere Ärzte oder Krankenhäuser beteiligt waren, kann die Haftungsfrage komplex werden. In diesem Fall muss gerichtlich geklärt werden, welcher Arzt oder welches Krankenhaus für den Schaden des Patienten verantwortlich ist.
Patientenrechte: Wer zahlt die Entschädigung?
Im Falle eines Behandlungsfehlers kommt in der Regel die Haftpflichtversicherung des Arztes oder Krankenhauses für den entstandenen Schaden auf.
Achtung: Die gesetzliche Krankenkasse haftet in der Regel nicht direkt für Behandlungsfehler, da sie keine direkte Verantwortung für die medizinische Behandlung der Patienten trägt.
Private Unfallversicherungen: Beim Abschluss einer privaten Unfallversicherung sollten die inbegriffenen Leistungen genauestens geprüft werden. Oft sind Arztfehler nicht von ihr gedeckt, wie dieses Urteil zeigt.
Behandlungsfehler: Was wird entschädigt und wie hoch?
Im Grunde werden zwei Kategorien von Schäden ersetzt: Vermögensschäden und immaterielle Schäden. Zu den Vermögenschäden zählen zum Beispiel Arztrechnungen, Fahrtkosten, Verdienstausfall oder Haushaltsführungsschäden (lesen Sie hier, was ein Haushaltsführungsschaden ist und wie man ihn geltend machen kann). Als immaterielle Schäden gelten körperliche Schmerzen und Beeinträchtigungen, psychische Schäden (Angstzustände, Depressionen, etc.) oder allgemein der Verlust von Lebensqualität.
Die Höhe der Entschädigung, insbesondere des Schmerzensgeldes, richtet sich nach den individuellen Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich sind dabei die Schwere der Verletzung, die Dauer der Beeinträchtigung, die Lebensumstände des Patienten und das Mitverschulden des Patienten. Dabei wird Betroffenen nicht selten ein Betrag von mehreren Tausend Euro zugesprochen.
Wie kann man Behandlungsfehler nachweisen?
Im Falle eines vermuteten Fehlers trägt der Patient grundsätzlich die Beweislast dafür, dass ein Fehler vorliegt, dieser kausal für den Schaden verantwortlich ist und dem Arzt oder Krankenhaus ein Verschulden anzulasten ist. Allerdings kann es für den Patienten schwierig sein, da er oft keinen Einblick in den medizinischen Behandlungsprozess hat und die Ursache für seinen Gesundheitsschaden nicht selbst feststellen kann.
Generell sind mehrere Schritte für einen Nachweis erforderlich: Zunächst sollte die Krankenkasse kontaktiert werden. Diese prüft Ihren Fall und unterstützt bei der Beweissicherung. Nachdem Sie eine Schweigepflichtentbindung unterschrieben haben, kann die Krankenkasse die Behandlungsunterlagen anfordern. Im nächsten Schritt (bei einem begründeten Verdacht) gibt die Krankenkasse ein Gutachten beim Medizinischen Dienst in Auftrag. Dies ist für Sie kostenfrei. Im letzten Schritt evaluiert die Krankenkasse die Unterlagen und klärt die weiteren Schritte.
Achtung: Nach 3 Jahren verjähren mögliche Ansprüche, die aus Behandlungsfehlern resultieren.
Behandlungsfehler: Anwältinnen und Anwälte helfen, Ansprüche durchzusetzen
„Die rechtliche und medizinische Problematik von Behandlungsfehlern ist komplex und erfordert vielfältige Erfahrungen auf medizinischem und rechtlichem Gebiet,“ sagt Rechtsanwalt Arno Zurstraßen, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Die Auswahl eines kompetenten Anwalts ist entscheidend für den Erfolg Ihres Falles. Nur so kann die Verantwortlichkeit und die Qualität der medizinischen Versorgung sichergestellt werden.“ Zurstraßen betont die Notwendigkeit des offenen Austausches: „Stellen Sie sicher, dass der Anwalt offen und transparent ist und Ihnen klar erklären kann, wie er Ihren Fall angehen wird. Ein guter Anwalt wird sich Zeit nehmen, um Ihre Fragen zu beantworten und Sie über den Fortschritt Ihres Falles auf dem Laufenden zu halten.“
Sie vermuten, Opfer eines Arztfehlers zu sein? Dann sollten Sie nicht zögern, sich professionellen Rechtsbeistand zu suchen. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit Schwerpunkt Medizinrecht klären Sie über Möglichkeiten und Ansprüche auf, sich gegen Behandlungsfehler zu wehren. Es geht um Ihre Gesundheit. Professioneller Rechtsbeistand in Ihrer Nähe, zu finden in unserer Anwaltssuche.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 08.05.2024
- Autor
- red/dav